Fidelio (Konzertbericht)
Im Zeichen der Violine
Orchesterkonzert am 28. Jänner 1999 im Großen Musikvereinssaal
Thomas Aigner sprach mit dem Dirigenten des Konzerts, Georg Mark.
Im Mittelpunkt des Konzerts stehen drei außergewöhnliche junge Geiger, die jeweils den ersten Satz aus den Konzerten von Felix Mendelssohn Bartholdy, Carl Nielsen und Johannes Brahms interpretieren werden – und alle drei stammen aus ein und derselben Violinklasse.
Ich glaube nicht, daß es viele Schulen auf der Welt gibt, die eine solche massive Ballung von Erfolgen vorweisen können wie Prof. Kuschnir mit seiner Violinklasse. Es ist allgemein bekannt, daß Julian Rachlin vor zehn Jahren in Holland als erster Österreicher den Ersten Preis des Eurovisions-Wettbewerbs gewonnen hat. Er war damals 13, und kein Mensch hat damals gedacht, daß er gewinnen würde. Es war der erste Wettbewerb, an dem er teilgenommen hat, und es sollte auch der letzte bleiben. Wettbewerbe haben auch ihre Schattenseiten. Es gibt viele die gute plätze bei Wettbewerben erreicht haben und die es dann nicht so weit gebracht haben, weil Wettbewerbe auch etwas im Menschen begünstigen können, das für die künstlerische Potenz und die Präsenz am Podium nicht unbedingt förderlich ist. Der Wettbewerbserfolg war also sicher nicht das Entscheidende an der Karriere von Julian Rachlin . Er ist mit Freude und, ich möchte sagen, innerer Erhabenheit seinen Weg gegangen, der ihn an die Spitze der heutigen Geigerelite geführt hat; ich würde ihn zusammen mit Maxim Vengerov zu den führenden jungen Geigern der Welt zählen. Mir war es vergönnt, den Anfang dieses Weges mit ihm gemeinsam zu gehen, weil ich schon damals viele seiner Konzerte begleitet habe, und es ist mir natürlich eine riesige Freude, seinen Weg weiter zu verfolgen. Lidia Baich gewann heuer den Eurovisionswettbewerb, und dadurch daß das in Österreich geschah, fand das hier in den Zeitungen den entsprechenden Widerhall. Auch in ihrem Fall konnten wir wieder ein bißchen mithelfen. Ursprünglich war das SaintSaens-Konzert für den Wettbewerb vorgesehen, und wir haben dieses Werk mit ihr in einem Konzert des Jugendorchesters aufgeführt, damit sie da eine Hilfe für den Wettbewerb hat. In letzter Minute wurde das Stück jedoch durch das fünfte Konzert von Vieuxtemps ersetzt; dennoch haben wir es geschafft, für Lidia Baich noch eine Probe mit dem Jugendorchester abzuhalten, weil die Mitglieder des Orchesters so kooperativ waren. Der dritte Solist des Abends ist Nikolaj Znaider, der, wie alle wissen, voriges Jahr den Königin-Elisabeth-Wettbewerb in Brüssel, den größten Wettbewerb, den es auf der Welt für die Geige gibt, gewonnen hat. Das ist eine so außergewöhnliche Leistung, die man nicht hoch genug schätzen kann. Ich habe übrigens kürzlich von einem weiteren phantastischen Erfolg von seiner Seite gehört, nämlich daß er das Nielsen-Konzert, das wir jetzt im Musikverein aufführen werden, im Jahr 2000 mit den Berliner Philharmonikern unter Daniel Barenboim spielen wird.
Das alles sind Ereignisse, die man kaum fassen kann, und dieses Konzert soll der Versuch einer Würdigung der außergewöhnlichen Leistungen dieser jungen Leute sein. Wir alle wissen aber auch, daß diese Leistungen ohne die geniale und in jeder Hinsicht meisterhafte und von der ganzen Konzeption her einzigartige Aufbauarbeit des Prof. Kuschnir, den ich noch dazu als meinen Freund bezeichnen kann, nicht möglich gewesen wäre. Die Schule hat also auch das Ihre dazu beigetragen, diese ganz unglaubliche, vermutlich weltweit einzigartige Situation zu schaffen, daß wir innerhalb so kurzer Zeit drei Geiger der Spitzenklasse hervorbringen konnten. Es ist einfach eine Freude, wenn es gelingt, diese Tatsache gleichsam als Würdigung für den Professor, der das zuwege gebracht hat, in einem Galakonzert herauszustellen. Das ist der Anlaß, und ich hoffe auch, daß das Fest wirklich stattfindet.